Königreich steht mitten in Europa

Die Dronfield Singers von Karen Cook auf der Bühne beim Partnerschaftsabend im Maichinger Bürgerhaus: Heike Schneider vom TV Darmsheim übernahm die Moderation für die Streetdancers des TV Darmsheim, die Dancestyle- und die für die WM in Schottland qualifizierte Contestgruppe des VfL Sindelfingen, den Liedermacher Daniel Vogrin, die Ballettschule Stage Dance Sindelfingen und Georg Sidiropoulos. Für die Bedienung sorgte der TV Darmsheim, die Betreuung der Gäste übernimmt der Verein Ispas unter dem Vorsitz von Brigitte Stegmaier, der am Freitag für den Chor aus England einen Spaziergang durchs ehemalige Landesgartenschaugelände im Sommerhofenpark organisierte. Bild: Stampe
Sindelfingen: Dronfield stellt mit seinem Chor die stärkste Delegation beim Partnerschaftsabend im Bürgerhaus / Gedenkminute im Rathaus

Aus der Sindelfinger Zeitung: Von Redaktionsmitglied Peter Bausch

Mit den 40-köpfigen Dronfield Singers stellen die Engländer die stärkste Delegation beim Partnerschaftsabend im Maichinger Bürgerhaus, und beim kommunalpolitischen Gespräch im Rathaus wird die Bitte von Bürgermeister Philip Wright nach einer Gedenkminute für die Opfer von Terrorismus und Katastrophen erfüllt: Das Vereinigte Königreich steht mitten in Europa. Zumindest beim Straßenfest in Sindelfingen.

Kurz nach dem letzten Mini-Europa-Gipfel der Partnerstädte vom Juni 2016 in Sindelfingen schockte Großbritannien mit dem „Brexit“-Beschluss nach dem Referendum. „Der europäische Gedanke ist nicht an eine formelle Mitgliedschaft gebunden“, sagt Sindelfingens Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer: „Der Brexit wird keinen Einfluss auf unsere Beziehungen zu Dronfield haben. Wir stützen uns weiter auf die gewachsenen Strukturen und Beziehungen in unseren Ländern.“ Das Ergebnis der jüngsten Parlamentswahl auf der Insel und der Verlust der absoluten Mehrheit für Premierministerin Teresa May sind ein Thema im Maichinger Bürgerhaus. Veronica Tebbs, die Nachfolgerin von Julia Johnson an der Spitze des Partnerschaftskomitees, hat schon auf den „Brexit“-Beschluss mit Tränen reagiert. „Jetzt wissen wir überhaupt nicht mehr, woran wir sind“, sagt die Engländerin, die beim Medizinstudium und beim Praktikum in Deutschland
perfekt Goethes Sprache gelernt hat.

Gedenkminute für die Opfer

Bürgermeister Philip Wright versagt am Freitagmorgen im Rathaus-Sitzungssaal zuweilen die Stimme, wenn es um Bevölkerungsschutz in den Partnerstädten geht. Dronfield ist eine kleine, seit Jahren nicht von Katastrophen heimgesuchte Insel in Mittelengland, aber nahe genug an Manchester oder London, um Terrorismus oder Brandkatastrophen wie jetzt in der Hauptstadt unmittelbar zu spüren. Die Gedenkminute vereint Deutsche aus Sindelfingen und Torgau, Engländer aus Dronfield, Franzosen aus Corbeil-Essonnes, Italiener aus Sondrio, Schweizer aus Schaffhausen, Ungarn aus Györ und selbst die beiden Gäste aus dem afrikanischen Kamerun, Oberbürgermeister Victor Ngoh Nkelle und Bürgermeister John Kona Makia aus Kumba, die 2017 erneut beim Partnerschaftsabend und beim Straßenfest mitmachen. Wenn sich England entschieden hat die Europäische Union zu verlassen, stehe Frankreich mit dem seit Mitte Mai amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron für
eine „neue Dynamik in der Euro-Zone“, sagt Bernd Vöhringer. „Es war noch vor wenigen Wochen undenkbar, aber mittlerweile gehen Zehntausende für Europa auf die Straße“, verweist der Anfang Mai wiedergewählte Oberbürgermeister auf die „Pulse of Europe“-Bewegung, die inzwischen einen Ableger auf dem Flugfeld Böblingen/Sindelfingen hat.

Jean-Michel Fritz am Pult

Altstadträtin Ute Walker, heute im Partnerschaftsverein Ispas engagiert, hat für die Kundgebung am Sonntag, 18. Juni, um 14 Uhr auf dem Hanns-Klemm-Platz hinter dem Medicum Jean-Michel Fritz verpflichtet, den ersten Beigeordneten auf dem Rathaus von Corbeil-Essonnes, der als Stammgast in Sindelfingen die neue Partnerschaftsbeauftragte Magdalena Parmentier zum Straßenfest mitbringt. Beim kommunalpolitischen Gespräch haben die Franzosen, die sich nach den Terrorismus-Anschlägen von Paris oder Nizza noch immer im Ausnahmezustand befinden, die meisten Diskussionen ausgelöst: 150 Video-Kameras überwachen Straßen und öffentliche Gebäude, erfassen dabei aber auch Parksünder, die per Video den Strafzettel ausgestellt bekommen. Das Überwachungssystem habe aber auch beim letzten Hochwasser Anfang Juni 2016 genutzt. Von der Überschwemmung 1987 im Veltlin haben die Partnerstadt Sondrio und das ganze Land Italien die Lehren gezogen. Wie Torgau in Sachsen, das 2002 und 2013 gleich zwei Jahrhundertfluten an der Elbe erlebte. Bettina Klein, einst im Neuen Forum, jetzt im Planungsamt und als neue SPD-Ortsvereinschefin in Torgau engagiert, muss deshalb auf das Straßenfest verzichten: Am Samstagmorgen steht eine Katastrophenschutz-Übung in Torgau an.