Bürgerfahrt nach Corbeil-Essonnes

Bericht einer Teilnehmerin:
Donnerstag, 28.06.2018
6.30 Uhr Abfahrt der 42 Reisenden am Glaspalast. Die Anreise nach Corbeil-Essonnes führte über Reims. Erster Aufenthalt mit Führung durch die Kathedrale Notre-Dame. Beginn der Führung war vor der geschichtsträchtigen Kathedrale. Sie ist eine der bedeutendsten gotischen Kirchen Frankreichs mit zwei Rosetten über dem Hauptportal, was einzigartig ist.

Die beiden Rosetten im Eingangsbereich,

Nicht nur deshalb gehört sie seit 1991 zum Unesco-Weltkulturerbe. Ihre Fassade mit den vielen Durchbrüchen ist bemerkenswert durch die vielen meterhohen Skulpturen unter anderem auch die der 4,30 m hohen Figuren der Königsgalerie der französischen Könige ab Chlodwig I. Die Kathedrale war die Krönungskirche der französischen Könige. Die Bedeutung dieses Monuments historique führte zur teilweisen Zerstörung im Ersten Weltkrieg. Dadurch wurden zum Beispiel auch die historischen Fenster zerstört und konnten nur langsam durch Spenden ersetzt werden.

Die Chagall-Fenster

Die Achskapelle in der Mitte des Chorraums wurde 1974 durch Marc Chagall mit neuen Fenstern ausgestattet. Eine beeindruckende Sehenswürdigkeit. In den beiden Kapellen links und rechts davon sind seit 2011 abstrakte Fenster des Künstlers Imi Knoebel zu sehen, die bewusst in ihrer Farbgebung den Fenstern Chagalls angeglichen sind.

Die Kathedrale ist auch ein Symbol der deutsch-französischen Beziehungen: Vor dem Hintergrund der Zerstörung im Ersten Weltkrieg war sie am 8. Juli 1962 der Ort einer Messe, an der Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer während eines Staatsbesuchs demonstrativ teilnahmen. Worauf eine in den Boden eingelassene Steintafel vor dem Haupteingang der Kathedrale hinweist. Der Beginn der deutsch-französischen Freundschaft. Anlässlich der 50. Jubiläums dieser Messe fand dort am 8. Juli 2012 eine Begegnung von Staatspräsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel statt.

       Gedenktafel vor der Kathedrale

Nach so viel Kunst und Geschichte gestaltete sich der Stopp in der nahegelegenen Champagner-Kellerei ganz anders. Die Führung war interessant und strapaziös durch die vielen Treppen, dankenswerterweise durch den übersetzenden Reiseteilnehmer Claus Lehners verständlich, jedoch auch erholsam durch die Verkostung und die liebevoll hergerichteten Snacks. Natürlich musste die ein oder andere Flasche mit nach Sindelfingen. Ein Glück war dafür noch Platz im Bus.
Ein gemeinsames Abendessen im Hotel Campanile am Zielort schloss den Tag ab.

Freitag 29.06.2018

Dieser Tag wurde durch die Stadt Corbeil-Essonnes gestaltet. Es wurde allen geraten, auf dem Weg zum Rathaus die wunderschöne große Markthalle, erbaut 1893, zu besuchen. Sehr opulent. Zum Glück war auch gerade Krämermarkt, so dass viele schöne Bilder entstanden.
Jean-Michel Fritz, der Erste Beigeordnete und Kulturbürgermeister der Stadt Corbeil-Essonnes, begrüßte alle recht herzlich und erklärte einiges zur Geschichte des Rathauses und der Stadt Corbeil-Essonnes, perfekt und engagiert übersetzt von Peter Bausch, allen bekannt als Sindelfinger Redakteur und wahrer Kenner Frankreichs und Corbeil-Essonnes.


Empfang im Eingangsbereich durch Kulturbürgermeister Jean-Michel Fritz, der die Geschichte des Rathauses erklärt, und Stadtrat Yacine Amer

Anwesend war auch der jüngste Stadtrat Corbeil-Essonnes, Yacine Amer, der Sindelfingen durch „Jugend in Aktion“ kennenlernte und dieses Jahr am Straßenfest im französischen Stand Champagner ausgeschenkt hatte. Im Empfangssaal des historischen Rathauses wurden die Sindelfinger mit einem spektakulären Blick auf die Seine belohnt, ebenfalls mit Champagner und Häppchen noch einmal willkommen geheißen sowie nach ein wenig Small Talk mit einem Mittagessen bewirtet. Monsieur Fritz ließ es sich anschließend nicht nehmen, persönlich seine Gäste durch seine Stadt zu führen.
Zuerst zur Kathedrale St-Spire (hl. Exuperius), gegründet 950, um die Reliquie des Heiligen unterzubringen, erbaut in der jetzigen Form im 12. Jhd., eingeweiht 1437.
Danach stellte er die städtische Galerie vor mit der Ausstellung „Opus symphoniques“ des Künstlers Christophe Mabillon. Der Skulpteur und Maler war selbst anwesend und man konnte ihn zu seinem Werk befragen. Hauptsächlich Gitarren aus Gestein der Region gefertigt. Beeindruckend. Zufällig betrat gerade der Sindelfinger Künstler Joachim Kupke die Galerie, um sich die neueste Ausstellung anzuschauen, als die Sindelfinger Reisegruppe diese verließ.

Vorbei am Jugendzentrum Fernand Léger mit seiner Mosaikfassade führte der Weg zum großen städtischen Theater. Ständig bespielt, aber mit wechselnden Ensembles. Kinder und Jugendliche werden an die darstellende Kunst herangeführt durch geförderte Workshops. Ein sichtlich stolzer technischer Leiter und der künstlerische Leiter stellten ihr Haus vor und boten einen Blick hinter die Kulissen an. Die ersten Reihen des Zuschauerraums können gedreht werden, es gibt einen Orchestergraben. Die Seiten sind so gestaltet worden, dass die Akustik unglaublich gut ist. Getestet von Reiseteilnehmer Uli Becker, der mutig ein Lied zum Besten gab. Ein aktiver Teil der Sindelfinger Besucher stieg Treppen hinauf und hinab und erprobte die interessante Technik, der fußlahme Teil erholte sich in den bequemen Theatersesseln. Das Ganze wurde souverän übersetzt von einer Bekannten Peter Bauschs, Leiterin des Goethe-Instituts in Hamburg, die ebenfalls wegen des Musikfestivals in Corbeil-Essonnes war.
Nach dem Theater führte Jean-Michel Fritz seine Gäste zur Commanderie Saint Jean. Das ist die Kapelle des Malteserordens, die als einziges Gebäude des Malteser-Ensembles noch erhalten geblieben ist. Sie wird für Kunstausstellungen und andere künstlerische Events genutzt. Zurzeit gibt es die dort die Ausstellung „Pousser les murs“ (Mauern einstoßen oder sich vergrößern) der Societé d’art (Künstlervereinigung) de Corbeil-Essonnes. Schon interessant, wie verschieden sich die einzelnen Künstler dieses Themas angenommen haben.

Weiter ging es zu Fuß zum Stadtpark, in dem das Jazz Festival abends beginnen sollte. Erschöpft von der Hitze, dem Fußmarsch und den tiefen Eindrücken nahmen die Sindelfinger dankbar das Abendessen der Freiwilligen, die das der Festival am Laufen halten, entgegen. Das Ganze untermalt durch die Proben für die Abendaufführung der städtischen Musikschule. Wunderbare kräftige Stimmen und gute Musik. Einige hatten sich vorgenommen, die Eröffnung abends anzuhören. Aber mit Blick auf die nicht vorhandenen Sitzmöglichkeiten, die eineinhalb Stunden Wartezeit, die Hitze und die Musik, die man teils ja schon gehört hatte, entschlossen sich die meisten, in das Hotel zurückzukehren. Nur ein harter Kern blieb.


Der Kulturbürgermeister hatte vollstes Verständnis. Die Vorsitzende Brigitte Stegmaier bedankte sich noch einmal herzlich bei ihm und der Bus fuhr ins Hotel zurück, wo man den Abend gemütlich auf der Terrasse ausklingen ließ. Auch zusammen mit der Sindelfinger Band „If you wanted to“. Es war eigentlich geplant gewesen, diese Sindelfinger Band anzuhören. Aber die Auftrittspläne des Festivals und die Pläne der Stadt Corbeil-Essonnes für die Bürgerfahrt passten in dieser Hinsicht leider nicht zusammen.

Samstag 30.06.2018

Pünktlich um 9.30 Uhr startete die Reisegruppe zusammen mit OB Dr. Bernd Vöhringer nach Giverny in der Normandie zum Besuch der berühmten Gärten des Malers Claude Monet. Leider waren Ferienbeginn und Wochenende zusammengefallen und deshalb sowohl die Nationalstraße als auch die Autobahn durch Staus verstopft. Also wurden in Giverny die beiden Besichtigungsgruppen zusammengelegt; das ging ganz gut, weil weniger Besucher als sonst Monets Gärten und das Haus sehen und fotografieren wollten. Wunderschöne Anlagen, die nach Monets Vorgaben angelegt und gepflegt wurden. Sie wirkten auch besonders, weil Sonnenschein die Blumen duften und strahlen ließ. Im Innern des Hauses konnte man sich das Familienleben Monets ganz gut vorstellen, sehr interessant auch die Erklärungen der Führerin dazu.

Die Rückfahrt nach Paris ging schneller und so war man pünktlich vor dem Schloss in Versailles. Die Reisegruppe wurde geteilt. Gruppe 1 fand sich vor dem Einlassbereich des Schlosses ein, Gruppe 2 ging in ein Bistro. Die Hitze mit 34° vor dem Einlassbereich und das lange Warten brachte so manchen an seine Erschöpfungsgrenze. Was für ein riesiges, prächtiges Schloss und viele, viele Menschen darin. Die Pracht dieses Schlosses und der Aufwand, den der Sonnenkönig hier betrieben hat, um seine Adeligen zu kontrollieren, verschlägt einem den Atem.

Auch wenn man schon darüber gelesen hat, kann man wohl erst dann verstehen, wie all das funktioniert hat, wenn man davorsteht. Auch weil man mit etwas Fantasie die vielen Menschen mit anderen Kleidern versehen und sich so das Hofleben vorstellen kann.
Anschließend wechselten die Gruppen den Ort. Um 20 Uhr war Einlass in den Schlosspark für die abendlichen Musik- und Wasserspiele „Les Grandes Eaux Nocturnes“.  Barockmusik, Lichtinstallationen, prächtige Wasserspiele gipfelten um ca. 22.45 in ein wunderschönes Feuerwerk.


Dazwischen blieb Zeit zur freien Verfügung, um sich beim Herumschlendern alles gemütlich anzusehen oder sich erschöpft auf einer der vielen Bänke auszuruhen. Der fürsorgliche Fahrer hatte den Bus um 23.15 Uhr schon nahe am Ausgang geparkt und so konnten alle um kurz vor eins müde vom anstrengenden Tag ihre Zimmer aufsuchen.

Sonntag 01.07.2018

Nach einem späten Frühstück war der nächste Programmpunkt das nicht weit entfernte Dorf Barbizon. Es liegt am Wald von Fontainebleau und ist berühmt wegen der Künstlerkolonie um Jean-François Millet. Mit Erfindung der Eisenbahn und der Tubenfarben Anfang des 19. Jahrhunderts konnten die Maler einfach von Paris nach Barbizon fahren und in der freien Natur malen. Der Wald von Fontainebleau mit seinem besonderen Licht hatte es ihnen angetan und so siedelten sich auch einige von ihnen hier an. Es entstand eine freie Gruppe von befreundeten Künstlerkollegen, die einen starken Einfluss auf die europäische Landschaftsmalerei ausübte und den Impressionismus vorbereitete. Der geführte Rundgang begann in Barbizon und folgte dem Weg der Landschaftsmaler durch den Wald von Fontainebleau mit interessanten Bildern, Anekdoten und Erklärungen.
Es war naheliegend, dass man anschließend auch das Schloss Fontainebleau besuchte. Napoleons Gemächer, seine Geschichte, seine Hinterlassenschaften sind hier ganz nah. Berühmt ist es jedoch vor allem für seine Innenausstattung aus der Zeit der Renaissance, an der vor allem italienische Künstler arbeiteten. Wirklich wundervoll die Grands Apartements, für die, mit Audioguides geführt, alle schwärmten. Das Schloss wurde im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut.  1981 wurde es von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.


Ludwig der XIV ließ in den Gärten ein neues Parterre im Stil des Barocks, einen Kanal und neue Parks anlegen. Die Parks sind wunderschön, öffentlich und werden von Einheimischen und Touristen, wie man sah, fleißig genutzt. Ein gemeinsames Abendessen beschloss den Tag.

Montag 02.07.2018

Sehr früh am Morgen ging es mit einem attraktiven Programm los Richtung Heimat.

Erster Halt war in Troyes, einer vom Keltenstamm der Tricasses gegründeten, früher sehr bekannten Stadt (Schlacht auf den Katalaunischen Feldern, Talmud-Gelehrter Raschi, Konzil von Troyes, mittelalterlicher Dichter Chrétien de Troyes mit der Parzival-Erzählung etc.). Der sogenannte Lettner in der Kirche St. Madeleine ist der einzige noch vollständig erhaltene Vorläufer der Kanzel und stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert.


Bei der Führung durch die Kathedrale und die wunderbar restaurierten Fachwerkhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert beeindruckten nicht nur das Fachwissen der Stadtführerin und ihr Charme, sondern auch die Anmut, mit der sie auf 8-cm-Absätzen über das ungleichmäßige Kopfsteinpflaster schwebte. Tiefe Ehrfurcht bei den Damen der Gruppe.

Chagall-Fenster: Frieden

Nächster Stopp war in Sarrebourg (Saarburg). Hier war 1970 die Kapelle eines ehemaligen Franziskanerkonvents restauriert worden. Durch den Abbruch eines Gebäudes war die Kapelle nach Osten hin offen. Marc Chagall wurde beauftragt, die Lücke mit einem Buntglasfenster zu schließen. 1976 wurde das monumentale Fenster, das den Frieden als Motiv hat, sowie weitere Seitenfenster fertiggestellt und eingeweiht. Das Bild ist überall präsent, aber wenn man vor dem 12 Meter hohen und 7 Meter breiten Kunstwerk den Kopf in den Nacken legt und ehrfürchtig die Einzelheiten zu entziffern versucht, ist das noch mal etwas anderes.


Abendessen mit elsässischem Flammkuchen gab es anschließend in Roeschwoog. Dort wurden Busfahrer Hansi Schwab und die anwesenden Mitorganisatorinnen Brigitte Stegmaier und Karoline Hassler von Barbara Speer überrascht, die ein Gedicht vortrug, das von ihr und den kreativen Hinterbänklern im Bus erdacht worden war.

Das Gedicht:

Liebe Biggi, liebe Karoline, lieber Hansi,

Die Reise nach Corbeil,
sie ist jetzt bald vorbei
Cinques jours sont passées,
jetzt kommt das Resümee.

Die Brigitte, sie reist sehr gern
in die Partnerstädte nah und fern
Corbeil-Essonnes war unser Ziel,
Biggi und Karo planen viel.

Monet, Chagall, Versailles,
die Nächte sind kurz,
der OB dabei.

Die Sonne sticht,
die Truppe stöhnt,
vom Orga-Team wird sie verwöhnt.
Kapellen – Kirchen – Galerien sind ein Muss,
wir laufen durch Hitze und Staub
für den Kunstgenuss.

Das Reisen im Hassler-Bus uns gut gefällt,
der Hansi rechtzeitig ein Bier kaltstellt.
Hansi und die Karoline –
zusammen sind sie ein super Team

Elegant tänzelt sie durch den Bus
für unseren leiblichen Genuss.
Mit Obst, Gemüse und Hefezopf
Erfrischt sie unseren Leib und Kopf.

Karoline verbreitet gute Laune,
dass man nur so staune.
Nur einmal war sie sehr gequält,
als plötzlich ihre Tasche fehlt
Papiere, Karten, die Unterlagen sind weg –
so ein Schreck!

Ihr Blutdruck steigt zu ungewohnter Zeit,
Nervenkitzel pur –
was mach ich jetzt nur?
Hansi als Retter in der Not
bringt Karoline zurück ins Lot.
Den goldenen Flaschenöffner hat er sich hoch verdient –
nur mit Applaus ist da nicht gedient.

Danke für dein Temperament und Engagement
schaffsch sogar dein eigna Mô –
und schô wieder bringt se an Keks des Wegs.

Wir danken dir für deine Zeit
Und fahren mit dir zu jeder Zeit
im Hassler-Bus
egal wohin
egal wie weit . . .

Gelächter und Applaus belohnt die Angesprochenen und die kreativen Köpfe. Das Gedicht zeigt anschaulich die gute Stimmung während der Reise.

Müde und mit vielen unvergesslichen Eindrücken stiegen alle um 22 Uhr aus dem Bus.
Es hat sich wieder einmal gelohnt, eine Bürgerfahrt mitgemacht zu haben.